Gegen populistische und rechtsextreme Tendenzen

Hessischer BdV-Landesvorsitzender beim Tag der Heimat 2018 des BdV-Landesverbandes Niedersachsen

In seinem Grußwort sprach der hessische Landesvorsitzende Siegbert Ortmann zu den Teilnehmern der Veranstaltung: "In diesem Jahr steht das Leitwort zum Tag der Heimat mit dem Blick auf „Europa“ im Mittelpunkt unserer Betrachtung. Und weil wir heute den 100. Geburtstag des Widerstandskämpfers Hans Scholl, der am 22. Februar 1943 unter dem Naziterror hingerichtet wurde, begehen, erlauben Sie mir aus der Zeit seiner studentischen Untergrundtätigkeit „Weiße Rose“ ein Zitat von ihm wiederzugeben, das bezeichneter Weise lautet : „Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten, das sind die Grundlagen des neuen Europas“. Für mich stellt dieses Zitat aus der finstersten Zeit unserer nationalen Geschichte eine überzeugende Vision für ein geeintes Europa dar, wie es nach dem Kriege dann auch in der Charta der Heimatvertriebenen von 1950 aufgegriffen und festgeschrieben wurde.

Seither treten wir Vertriebene beharrlich für Völkerverständigung und Aussöhnung ein. Dabei gerieten unsere Organisationen aber des Öfteren selbst an den gesellschaftlichen Rand, oft auch durch eigenes Zutun wie territorialer Forderungen und immerwährenden selbstgerechten Beharren nur auf dem eigenen erlittenen Leid. Dies alles ist heute weitest gehend überwunden und wir beteiligen uns als gesellschaftlich anerkannter Vertriebenenverband in der Mitte der Gesellschaft intensiv daran, das bestehende europäische Einigungsprojekt auch in unruhigen Zeiten zu stabilisieren.

Aber die politischen Entwicklungen mit deutlich rechtspopulistischen, ja sogar rechtsextremen Tendenzen sind vor allem in Ost- und Südosteuropa besorgniserregend. Und auch in Deutschland weichen die bislang vertrauten politischen Verhältnisse zunehmend rechtspopulistischen und rechtsextremen Tendenzen. Als Bund der Verriebenen sind wir zwar satzungsgemäß parteipolitisch neutral, doch müssen wir meiner Meinung nach dieser unsäglichen Entwicklung entschieden, vor allem aber geschlossen nach den uns gegebenen Möglichkeiten entgegenwirken. Denn wir betroffene Heimatvertriebene und Spätaussiedler der Erlebnisgeneration sollten uns wahrlich immer vor Augen halten, dass der von Deutschland im vorigen Jahrhundert ausgegangene rechtsextreme Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus mit allen seinen verheerenden Folgen die zentrale Ursache unserer unmenschlichen Vertreibung aus der alten Heimat waren.

Wir wissen aus eigener geschichtlicher Erfahrung: es braucht Zeit, Flüchtlinge in eine für sie fremde Gesellschaft einzugliedern und es dauert auch lange, Einheimische an eine sich verändernde Gesellschaft zu gewöhnen. Aber noch schwieriger gestalten sich die Verhältnisse, wenn Einheimische und Ankömmlinge gänzlich anderen und unterschiedlichen Kulturen angehören. Doch wer wüsste besser als wir Vertriebene, dass schneller in neuer Umgebung ankommt, wer neben staatlicher Unterstützung auch gesellschaftliche Empathie erfährt. Denn wer Menschen aufgrund ihrer Herkunft den Respekt versagt, wer ihnen permanent erniedrigende und kränkende Eigenschaften zuschreibt, der schiebt sie an den Rand der Gesellschaft und spaltet unser Land. Der BdV steht dagegen immer für eine gemeinsame menschliche Gesellschaft und hat ein friedliches, geeintes Europa ohne nationale Grenzen und weitestgehender Freizügigkeit, also ein wie von den Geschwistern Scholl unter dem Schrecken des 2. Weltkriegs angedachtes „neues Europa“, in seiner Zielorientierung fest verankert."

© bdv-hessen-press/092018