Tradition braucht Zukunft

Hessische Delegierte trafen sich zum 74. BdV-Landesverbandstag im Wiesbadener Haus der Heimat

Zu seinem 74. ordentlichen Verbandstag hatte der hessische Landesverband des Bundes der Vertriebenen (BdV) mit dem Landesvorsitzenden Siegbert Ortmann die Delegierten aus den hessischen BdV-Kreisverbänden nach Wiesbaden eingeladen.

Neben der Behandlung verwaltungsspezifischer Aufgaben wie der Genehmigung der Jahresrechnung und des Haushaltsplanes, Satzungsänderungen und eingegangene Anträge, standen auch der Tätigkeitsbericht für das vergangene Jahr sowie Grußworte auf der Tagesordnung.

Siegbert Ortmann konnte hierzu Ines Claus, Vorsitzende der CDU-Fraktion im hessischen Landtag und Margarete Ziegler-Raschdorf, Landesbeauftragte der hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, als Ehrengäste begrüßen. Zum Vorsitzenden des Verbandstagspräsidium wählten die Delegierten zu Beginn Manfred Hüber, Vorsitzender des BdV-Kreisverbandes Wetzlar.

Helmut Seidel, Vorsitzender des BdV-Kreisverbandes Odenwald, hielt zuvor die Totenehrung. Dabei ging er auch auf den Krieg in der Ukraine ein: "Krieg, Flucht und Vertreibung sind nach über 75 Jahren wieder in unseren Lebensraum zurückgekehrt. Alle wähnten sich bei uns in Europa davon verschont, doch es kam über Nacht anders. Keiner hätte geglaubt, dass sich das, was unsere Gemeinschaft zusammengeführt hat, so ganz plötzlich wiederholt – wiederum mit schrecklich vielen Flüchtlingen, die letztlich auch Vertriebene sind, mit sinnloser Zerstörung von Wohnhäusern und Kulturgütern, darüber hinaus aber unzähligen Toten – Zivilisten und Soldaten -, die tapfer ihre geliebte Heimat verteidigt haben. - Diese uns anverwandten Kriegsopfer wollen wir heute besonderes mit in unser Gedenken einbeziehen.

Vielleicht wird aber jetzt auch manchem unserer östlichen Nachbarn bewusst, was uns, unseren Eltern und Anverwandten durch die uns zugefügte Vertreibung an Schlimmem angetan wurde. Fast 18 Millionen Deutsche mussten nach Beendigung des 2. Weltkrieges ihre angestammte Heimat verlassen – und dies unter Billigung der Siegermächte in den Potsdamer Verträgen. Dabei verloren allein bei dieser Vertreibung über 2 Millionen Menschen ihr Leben. Diesen gilt heute in aufrichtiger Weise unser Gedenken: den Vertreibungstoten aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten: dem Sudetenland, Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen sowie den weiteren ost- und südostdeutschen Siedlungsgebieten wie etwa den Ungarndeutschen, den Banater Schwaben, den Karpatendeutschen und Siebenbürger Sachsen. Nicht vergessen seien dabei gerade heute auch die zahllosen Opfer der Deutschen aus Russland, die von der Wolga, aus der Ukraine, von der Krim und dem Kaukasus unter unsäglichen Strapazen nach Sibirien und Kasachstan deportiert wurden."

In seinem Tätigkeitsbericht, der den Delegierten vorlag, ging Ortmann auf die Fülle der Arbeitsinhalte des hessischen Vertriebenenverbandes ein. Dabei seien vor allem neue Entwicklungen und Arbeitsverfahren unter verstärkter Nutzung digitaler Medien bei der Bewältigung der gestellten Aufgaben im Kultur- und Öffentlichkeitsbereich zu verzeichnen. Auch eine engagierte Jugendarbeit habe davon jetzt schon profitiert. Bei der Bewältigung seiner vorgegebenen Ziele für die Pflege und Bewahrung der deutschen Kultur und den Schutz deutscher Minderheiten in den ehemaligen Vertreibungsgebieten Mittel-, Ost- und Südosteuropas vertraue man auch in Zukunft auf die finanzielle Unerstützung durch das Land Hessen und den Bund gemäß den gesetzlichen Vorgaben im § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG). Dank gebührt dabei vor allem dem Land Hessen für die bisherige institutionelle Förderung bei der Bewältigung der genannten Aufgaben.

Darüber hinaus engagiere man sich zusätzlich bei der Migrationsberatung für Erwachsene (MBE), die in der Öffentlichkeit oft zu kurz komme. Für die Durchführung der MBE ist nach dem Zuwanderungsgesetz das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Das BAMF hat die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und den Bund der Vertriebenen mit der konkreten Durchführung der Beratungstätigkeit beauftragt. Ziel der Beratungen sei es, den Integrationsprozess der Zuwanderer zu steuern und zu begleiten. Diese zeige sich auch wieder in den vergangenen Tagen bei Flüchtlingen aus der Ukraine.

Ines Claus überbrachte die Grüße des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und ging in ihrer Ansprache unter anderem auf das derzeitige Geschehen im Ukraine-Krieg ein. Nach Berichten des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR seien derzeit bereits mehrere Millionen Menschen aus dem Land geflüchtet. Das Land Hessen habe für diese Flüchtlinge umfangreiche Hilfen zugesagt.

Claus lobte in ihren Ausführungen das Engagement, die Methoden und neue Ideen des BdV-Landesverbandes Hessen als "Ideenschmiede" bei der Weiterreichung von Kulturgut und das Wissen über Flucht und Vertreibung der deutschen Vertriebenen und Spätaussiedler an die nächste Generation. Dabei sei der mit der hessischen Landesregierung gemeinsam geplante Forschungsbereich an der Universität Gießen ein guter Weg bei der Aufarbeitung von Flucht und Vertreibung der deutschen Heimatertriebenen und Spätaussiedler.  

Fotos: BdV-Landesverband Hessen e.V.

© bdv-presse 05/2022