Tag der Heimat 2017 beim BdV-Kreisverband Groß-Gerau

Zeichen gegen das Vergessen - Heimatvertriebene im Kreis Groß-Gerau begehen den Tag der Heimat

Der Kreisverband des Bundes der Vertriebenen (BdV) Groß-Gerau beging am zweiten Sonntag im September seine Veranstaltungen mit Festakt und Volkstumsnachmittag zum diesjährigen Tag der Heimat sowie zum hessischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation vor zahlreichen Ehrengästen und Besuchern in der Biebesheimer Kulturhalle.

BdV-Ortsvorsitzender Erich Fech konnte zu Beginn der Veranstaltung neben zahlreichen Ehrengästen, darunter Landrat Thomas Will als Schirmherr dieser Veranstaltung, Michael Gahler (MdEP), Stefan Sauer, Bürgermeister der Stadt Groß-Gerau, weiteren Vertretern zahlreicher Kommunen im Kreis Groß-Gerau, Pfarrer Stefan Fillauer aus der Pfarrei St. Maria Goretti Biebesheim, Festredner Stephan Rauhut, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, auch viele Besucher aus den BdV-Ortsverbänden und landsmannschaftlichen Vereinigungen im Kreisgebiet und befreundeter BdV-Nachbarverbände begrüßen.

Schirmherr Landrat Thomas Will lobte in seinen Grußworten den Integrationswillen der Heimatvertriebenen, die vor 70 Jahren in diesem Landkreis ein Zuhause gefunden haben: „Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde“, hat der deutsche Philosoph Karl Jaspers einmal gesagt. Verstehen und Verstanden-Werden: Dazu leistet der Bund der Vertriebenen einen wichtigen Beitrag. Gerne habe ich die Schirmherrschaft für die heutige Veranstaltung übernommen. Damit möchte ich meine Verbundenheit mit jenen zum Ausdruck bringen, die einst als Vertriebene und Flüchtlinge in den Kreis Groß-Gerau gekommen sind und hier eine neue Heimat gefunden haben. "60 Jahre Einsatz für Menschenrechte, Heimat und Verständigung“ ist ein Motto, das den Zusammenhalt unter den Menschen betont, auch und gerade im Kreis Groß-Gerau. Ich bin froh, dass Sie hier eine gute Heimat gefunden haben, dass Sie längst zu uns dazugehören."

Stephan Rauhut, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, ging in seiner Festrede auf die sechzigjährige Entwicklung des Bundes der Vertriebenen sowie seiner Bedeutung in Vergangenheit und Zukunft als Interessenvertretung der deutschen Heimatvertriebenen ein. In diesem Zusammenhang betonte er die Bedeutung auch weiterhin motwendiger finanzieller Unterstützung zur weiteren Durchführung und Bewältigung der Aufgaben gemäß § 96 des Bundesvertriebenengesetzes für die Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen und Flüchtlinge und Förderung der wissenschaftlichen Forschung durch den Bund und die Länder. Rauhut warb für den verstärkten Kontakt zu den Minderheiten in den ehemaligen Vertreibungsgebieten in Ost-, Mittel- und Südosteuropa. "Waren es früher Schwerpunkte wie Hilfstransporte und später soziale Unterstützung, damit diese Menschen ihre eigenen Dinge regeln konnten, geht es heute vermehrt um Kulturdenkmäler, um wissenschaftliche Arbeit, - dass Jugend sich austauscht und zusammenrückt. Hier sind wir engagiert, vielmehr als dies von so mancher Landes- oder Bundesregierung, in Berlin und in Warschau, wahrgenommen wird."

Helmut Brandl, Mitglied des BdV-Kreisverbandes, appellierte in seiner Ansprache gegen das Vergessen. Der BdV sei der hessischen Landregierung dankbar für die Einführung des hessischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation, der auf Landes- und Kreisebene seit Einführung vor vier Jahren gemeinsam mit den Veranstaltungen zum Tag der Heimat begangen werde. Vergleichbar dazu begehe auch der Groß-Gerauer Kreisverband des Bundes der Vertriebenen den kreisweiten Tag der Heimat gemeinsam mit dem hessischen Gedenktag. "Auch registrieren wir es mit Freude, dass immer mehr Bürgermeister oder deren Vertreter der Kreiskommunen diesen Tag gemeinsam mit uns begehen und so vorbildhaft ein Zeichen gegen weltweite Vertreibungen durch kriegerische Handlungen setzen".

Seit einem Informationsaustausch des BdV-Kreisverbandes Groß-Gerau mit Landrat Will im vergangenen Jahr reifte bei den Teilnehmern der Gedanke für ein "Zeichen gegen das Vergessen", das an diese große gemeinsame Aufgabe der Integrationsbemühungen und das Wirken dieser Menschen im Kreis Groß-Gerau für Verständigung und Versöhnung mit den östlichen Nachbarn auch in Zukunft beispielhaft erinnern soll. Ein erster Entwurf dazu wurde den Besuchern der Veranstaltung am Informationsstand vorgestellt. Das Modell zeigt symbolisch eine Spirale der Gewalt, des Hasses, die keine Versöhnung unter Menschen aufkommen zu lassen scheint. Erst als Menschen, Heimatvertriebene, deren Vertreiber, aufnehmende Einheimische und deren Nachfahren sich aufmachen, mit gutem Willen, Einsatz und ihrem "Gewicht" diese Spirale zu öffnen, kann die Voraussetzung für eine dauerhafte Versöhnungsbereitschaft gelingen, die letztendlich den Frieden garantiert.

"Diese Unterstützung unserer Arbeit erhoffen wir uns weiterhin auch vom Kreis Groß-Gerau und dessen Kommunen. Nur gemeinsam kann es gelingen, mit Beharrlichkeit die Geschichte der Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler zu thematisieren, und sich zugleich für die Deutschen im Ausland, das kulturhistorische Erbe wie auch für die Aussöhnung mit unseren Nachbarländern einzusetzen. Dafür wünschen wir uns für die Erlebnis- als auch für die Erinnerungsgeneration auch Zukunft die nötige Kraft und Ausdauer, denn kein geringerer als einer der vier Kirchenlehrer der Spätantike, der Hl. Augustinus, brachte es auf den Punkt: "In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst."

Der Festakt und der anschließende Volkstumsnachmittag wurde während des fast vierstündigen Programms von zahlreichen Kulturgruppen mitgestaltet: Chor Kammerton Groß-Gerau, Blaskapelle der Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim, BdV-Musik- und Gesangsgruppe Biebesheim-Dornheim und Tanzgruppe der Banater Schwaben Pfungstadt.

Bereits vor einer Woche gedachte man im Besein von Bürgermeister Jan Fischer, der Erzgebirgischen Gesangsgruppe Nauheim-Weiterstadt sowie Vertretern beider christlichen Kirchen am Ehrenmal der Heimatvertriebenen auf dem Waldfriedhof in Nauheim der Toten.