75 JAHRE VERTRIEBENENSIEDLUNG NIESIG

Ein lebendiges Stück Heimatgeschichte der osthessischen Kreisstadt Fulda

Wo einst karge Felder lagen, steht heute eine blühende Gemeinschaft: Der Bund der Vertriebenen (BdV) Fulda-Niesig feierte am 5. Oktober 2025 mit einer festlichen Veranstaltung das 75-jährige Bestehen der Vertriebenensiedlung Niesig, einem nördlich gelegenen Stadtteil von Fulda. Zahlreiche Gäste, darunter Zeitzeugen und Angehörige der Gründergeneration, folgten der Einladung in Franzl’s Musikantenscheune. Dort verbanden sich Vergangenheit und Gegenwart zu einem bewegenden Tag des Erinnerns.

Nach einer Gedenkansprache von Ortsvorsteher Holger Kilian am Vertriebenenstein und einem gemeinsamen Gottesdienst würdigte Margarete Ziegler-Raschdorf, ehemalige Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, in ihrer Festrede den Mut, den Zusammenhalt und die Aufbauleistung jener Familien, die ab 1950 auf dem Gelände des ehemaligen Hofguts Niesig ein neues Zuhause schufen. Aus dem Nichts entstanden damals 39 landwirtschaftliche Betriebe – ein Symbol für Tatkraft und Hoffnung nach Flucht und Verlust.

Ziegler-Raschdorf erinnerte eindrucksvoll an die Schicksale der Vertriebenen, an Trecks durch Kälte und Hunger, an Frauen, die allein ihre Kinder und älteren Angehörigen in Sicherheit brachten, und an die Herausforderungen des Neubeginns in einem zerstörten Land. „Sie haben alles verloren und doch alles neu geschaffen – mit Mut, Arbeit und dem Glauben an eine Zukunft in Frieden“, betonte sie.

Die Entwicklung Niesigs von einer landwirtschaftlich geprägten Neusiedlung hin zu einem modernen Stadtteil Fuldas sei, so Ziegler-Raschdorf, beispielhaft für Integration und Zusammenhalt in Hessen. Vereine wie der Musikverein Niesig, der vom Egerländer Roland Schaffer gegründet wurde, tragen bis heute zur lebendigen Dorfgemeinschaft bei.

Begleitet von Blasmusik, guten Gesprächen und spürbarer Dankbarkeit blickten die Besucherinnen und Besucher auf eine bewegte Geschichte zurück, die bis heute Menschen verbindet. Der Vorsitzende des BdV Niesig, Franz Grosser, stellte für die Jubiläumsfeier seine Festscheune zur Verfügung und symbolisierte damit das, was die Siedlung seit 75 Jahren prägt: Offenheit, Engagement und Gemeinschaft.

„Aus Flucht wurde Heimat, aus Fremden Nachbarn, aus Nachbarn Freunde.“

Mit diesem Gedanken und einem herzlichen Dank an alle, die die Geschichte und das Miteinander von Niesig bis heute lebendig halten, endete der Festtag.

Ortsvorsteher des Fuldaer Stadtteils Niesig, Holger Kilian (CDU) (4. von links) spricht am Gedenkstein in der Vertriebenensiedlung ein Grußwort des Gedenkens. Weitere abgebildete Personen gehören zu den ersten Siedlern oder sind deren Nachkommen.
(Von links nach rechts) Vorsitzender BdV- Niesig und Siedler Franz Grosser mit Ehefrau Christel, Landesbeauftragte a. D. Margarete Ziegler-Raschdorf, Mitglied im Vorstand BdV-Niesig Arnold Wegat.
Festrednerin Margarete Ziegler-Raschdorf, Landesbeauftragte der Hess. Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler a. D. (2009-2024).